
Sicherheitsreferent A. Schäbler analysiert die miltärische Situation der Ukraine
- Posted by PPC-Limburg
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- Date 29. Februar 2024
Sicherheitsreferent Alexander Schäbler: Ukraine ohne Aussicht auf baldigen Frieden
Mit den Schülerinnen und Schüler der Politikkurse der Jahrgangsstufe 13 des Beruflichen Gymnasiums der Peter-Paul-Cahensly-Schule sprach der Referent für Sicherheitspolitik von der Bundeswehr, Alexander Schäbler, über die Entwicklung und Perspektiven des Krieges in der Ukraine.
Unter dem Thema „Die multiperspektivische Analyse des russischen Krieges in der Ukraine und seiner militärtheoretischen Aspekte“ erläuterte Hauptmann Alexander Schäbler und zugleich in seiner Funktion als Referent für Sicherheitspolitik, die Entstehung, Entwicklung und mögliche Zukunftsszenarien des Ukrainekrieges. An der Veranstaltung in der Aula der Peter-Paul-Cahensly-Schule Limburg nahmen die beiden Grundkurse Politik & Wirtschaft der Kursleiter Scherer und Wendt der Jahrgangsstufe 13 sowie der Leistungskurs Wirtschaftslehre der 12 BG b teil.
Vor rund zwei Jahren griff Russland unter der Führung des Präsidenten Putin ukrainisches Staatsgebiet an, um das Land zu entnazifizieren und zu entmilitarisieren. Umgesetzt wurde dieser Angriff unter anderem mithilfe einer so genannten hybriden Kriegsstrategie. Diese hybride Kriegsführung Russlands stehe nach Ansicht Schäblers für eine Kombination regulärer und irregulärer politischer, wirtschaftlicher, medialer, subversiver, geheimdienstlicher, cybertechnischer und militärischer Kampfformen. Allerdings habe der russische Präsident die militärische Stärke der Ukraine und die mögliche Unterstützung des Westens unterschätzt. Auf der anderen Seite sei von Putin die Stärke des eigenen Militärs überschätzt worden, das seit langer Zeit durch Korruption und Misswirtschaft gekennzeichnet werde. Daneben sei die russische Militärführung davon ausgegangen, dass die von den Russen benannte „Spezialoperation“ in wenigen Tagen ihre Ziele erreiche und eine neue politische Führung in der Hauptstadt Kiew einsetzen könne.
Gegenoffensive der Ukraine gescheitert
Schäbler, der als Sicherheitsreferent der Bundeswehr unter anderem für den Landkreis Limburg-Weilburg verantwortlich ist, verdeutlichte eindrucksvoll gegenüber den Schülerinnen und Schülern, dass Putin den Angriff auf die Ukraine seit langem geplant habe. Zielsetzung Putins sei der Ausbau es russischen Reiches und die Rückführung zur alten Stärke. Ein wesentlicher Hinweis sei für Schäbler bereits die Annexion der Krim von 2014 gewesen.
„Der Angriff Russlands ist kläglich gescheitert“, so der Sicherheitsexperte. Ein Einsatz mit lediglich 190.000 Soldaten, die die Ukraine von fünf Seiten gleichzeitig angreifen, sei unkoordiniert gewesen. „Die russische Abwehrfähigkeit ist in der westlichen Wahrnehmung gesunken“, so Schäbler. Zunehmend müsse man erkennen, dass das russische Militär die Ziele der politischen Führung Moskaus nicht mehr klarsehe und sich nach und nach demoralisiere.
Im Sommer 2023 startete die Ukraine eine lang angelegte Gegenoffensive mit zehntausenden von Soldaten, der im Gegensatz zu den hohen Erwartungen der Politik in Kiew und des Westens bereits nach vier Tagen scheiterte. Im Westen sei bis in den November hinein ein anderes, positiveres Bild in der Politik und in den Medien vermittelt worden. Hier könne man sehr deutlich die unterschiedlichen Absichten und Ziele der Beteiligten erkennen, warum Informationen nicht ungefiltert und richtig ankommen würden. Seitdem ist die Front erstarrt, wobei täglich 500 bis 700 Soldaten sterben.
Aktuell sei das Kriegsgebiet zerstört sowie mit Minen und Granaten übersät, was eine jahrzehntelange Unbewohnbarkeit für die Menschen zur Folge habe. Daneben seien die Soldaten in der Position, dass sie ohne klare Aufgabenstellung durch die Militärführung dastünden. Ebenso würden Drohnen ungehindert alle Bereiche des Schlachtfeldes rund um die Uhr kontrollieren. „Die Ratlosigkeit der Ukraine, Russlands und des Westens, wie mit dem Krieg nun umzugehen ist, wird jetzt erst richtig deutlich“, so Schäbler. Durch die Entlassung des obersten Armeechefs wolle der ukrainische Präsident Selenski einen Neustart vornehmen. Die USA unterstütze die Ukraine nicht mehr mit Waffen und Geld, da sie sich innenpolitisch im Stillstand befinde. Europa helfe jedoch nach Ansicht Schäblers noch mit Geld, aber kaum noch mit Waffen und Munition. „Russland kann hingegen den Krieg weiterführen, da genügend Menschen, Waffen und Geld vorhanden sind.“ In der Ukraine würden im Gegensatz dazu hunderttausende Männer fliehen und sich der Wehrpflicht entziehen. Erfrierungen an Körperteilen und die Verbreitung von Seuchen belasten die ukrainischen Soldaten zusehends.
„Russland wird nicht aufgeben.“
„Zwischen dem globalen Westen und der Ukraine auf der einen und Russland auf der anderen Seite erleben wir derzeit eine Pattsituation auf dem Schlachtfeld.“ In diesem Stillstand der Politik, die überlagert vom Militärischen stattfindet, äußerte sich die deutsche Außenministerin Baerbock. Für die oberste Diplomatin liege die Zukunft der Ukraine in der Europäischen Union. Die Unterstützung der Ukraine aus Sicht Deutschlands sei für Schäbler eine wertebasierte Verpflichtung unter Beachtung des Völkerrechts. Hinter den USA sei Deutschland der zweitgrößte Geber der Ukraine mit rund 82 Milliarden Euro.
Die Frage nach der Perspektive des Krieges sei nicht einfach zu beantworten. So würden einige Experten die Position vertreten, dass keine Seite den Krieg gewinne. Es könne die Gefahr entstehen, dass sich der Krieg entfessele und entkoppele. Der Krieg könne sich zu einem so genannten entarteten Krieg entwickeln und ein Eigenleben hervorrufen. Russland werde nicht aufgeben, da beispielsweise das Ziel der Entnazifizierung nicht erreicht sei. Die Ausrufung eines Friedens bringe Putin in ein Dilemma: Er müsse seiner Bevölkerung die über 200.000 russischen toten Soldaten erklären. Auch der Westen müsse erklären, warum hunderte von Milliarden in den Krieg ohne sichtbares Ergebnis hineingeflossen seien. Vorstellbar sei ein unbefriedigender Waffenstillstand, der mitten durch die Ukraine gehe. Ob Deutschland und Europa zu einer Friedensordnung zurückkehrten wie vor dem Angriffskrieg, sei für Schäbler sehr unwahrscheinlich.
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