„Für unsere Freiheiten in Europa müssen wir kämpfen“
- Posted by PPC-Limburg
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- Date 9. Mai 2023
„Für unsere Freiheiten in Europa müssen wir kämpfen“
Thomas Mann, ehemaliger Abgeordneter im Europäischen Parlament, war im Rahmen der Europawochen 2023 Gast an der Peter-Paul-Cahensly-Schule in Limburg. Er sprach über die wirtschaftliche Macht Chinas und mit dem Umgang der gestiegenen Flüchtlingszahlen in Europa.
Unter dem Motto „Europa kommt in die Schule“ gehen jedes Jahr deutschlandweit Politikerinnen und Politiker in Schulen und bieten Diskussionen mit jungen Menschen über Europa an. Der EU-Projekttag bringt Schülerinnen und Schüler dazu, sich mit der Europäischen Union auseinanderzusetzen. Den EU-Projekttag gibt es seit 2007. In diesem Jahr ist Thomas Mann, der als ehemaliges Mitglied des Europaparlaments die CDU Hessen in der Europäischen Volkspartei vertreten hat, zu Besuch in der Limburger Peter-Paul-Cahensly-Schule.
Kern des Vortrages mit einer anschließenden Diskussionsrunde mit den Schülerinnen und Schülern der Peter-Paul-Cahensly-Schule Limburg war das Thema „Das Projekt Europa: Offene Märkte? Offene Grenzen? – Erfahrungen eines ehemaligen Europaabgeordneten“. Hier kam Thomas Mann insbesondere auf die wirtschaftliche Abhängigkeit zwischen der Europäischen Union und China zu sprechen.
Der französische Staatspräsident Emmanuel Macron habe nach Ansicht Thomas Manns bei seinem China-Besuch im April dieses Jahres versucht, einen Keil zwischen der Europäischen Union und den USA zu treiben, als er sagte, dass die Taiwan-Frage eine Sache Chinas sei. China beanspruche, so Thomas Mann, mit aller Macht Taiwan als chinesisches Staatsgebiet. In der chinesischen Presse sei Macron für seine Rede gefeiert worden, wohingegen die EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen in einer Rede vor Think-Tanks, die sich mit der Erforschung, Entwicklung und Bewertung von politischen und wirtschaftlichen Konzepten und Strategien beschäftigen, die Nähe des chinesischen Staatspräsidenten Xi Jinping zu Russland negativ bewerte, berichte der ehemalige Europaabgeordnete. Von der Leyen betone, dass Xi Jinping eine unbegrenzte Freundschaft zum russischen Staatschef Putin pflege. Daneben müssten die Menschenrechtsverletzungen gegenüber den Uiguren und den Tibetern beunruhigen. Gleichzeitig fordere sie, so Thomas Mann, eine bessere Kontrolle der Investitionen in China, wobei es nicht um eine Abkopplung von China gehe, sondern um eine Minderung von politischen und wirtschaftlichen Risiken.
Solidarität als EU-Prinzip
Die autoritären Staaten China und Russland auf der einen Seite würden in einer Diktatur der Märkte leben, während die demokratischen Staaten Europas auf der anderen Seite das Prinzip der sozialen Marktwirtschaft pflegten. „Für unsere Freiheiten in Europa müssen wir kämpfen“, so Thomas Mann, der von 1994 bis 2019 im Europäischen Parlament aktiv war. Offene Grenzen und offene Märkte mit einem ungehinderten Warenverkehr würden für Bewegungsfreiheit sorgen, ergänzt durch freie Berufs- und Arbeitsplatzwahl sowie dem freien Dienstleistungs- und Kapitalverkehr. Aber auch diese Freiheiten würden Regeln unterliegen. „Monopole und Kartelle dürfen nicht die Märkte beherrschen“, so Thomas Mann. Er sei nicht für eine Ellenbogenmentalität und für einen Privategoismus zulasten der Menschen in Europa. Thomas Mann fordere dagegen ein Ende der Billigarbeitskräfte und der Scheinselbständigkeit. Faire Arbeitsbedingungen und Unternehmen, die nicht umweltbelastend produzieren, seien für ihn zwei Kernpunkte der europäischen Wirtschaftspolitik. Nachhaltigkeit und sozialer Ausgleich dürften sich dabei nicht ausschließen. Diese Maßnahmen würden durch den Europäischen Sozialfonds (ESF) mit 100 Milliarden Euro in einem Zeitraum von 2021 bis 2027 gefördert. Wesentliche Elemente seien hier die Sozialintegration, verbunden mit einer Förderung der schulischen und beruflichen Bildung sowie die Unterstützung mittelständischer Unternehmen.
Produktion in Europa halten
Autoritäre Staaten wie China würden für einen niedrigen Lohnbereich sorgen, den die europäischen Staaten nach Ansicht Manns nicht aufrechterhalten wollen. Ein Beispiel sei für Thomas Mann der Bau der Solaranlagen, der in Europa vollständig aufgrund der niedrigen Kosten in China eingestellt worden sei. Aber auch das hessische Unternehmen Viessmann habe seine Wärmepumpen-Sparte für 12 Milliarden Euro verkauft. Eigentümer sei nun das US-amerikanische Unternehmen Carrier Global. Dieser Verkauf von technischem Know-how in das Ausland sei für Thomas Mann nicht der richtige Weg.
Chinas Staatschef Xi Jinping wolle die internationalen Produktionsketten stärker von sich abhängig machen und eine neue weltpolitische Ordnung schaffen, in deren Mittelpunkt China stehe. „Die Wenigsten haben diese ernsthafte Bedrohung für die demokratischen Staaten erkannt“, so Thomas Mann. Dagegen würden zum Beispiel Förderprogramme in Höhe von 200 Milliarden Euro bis zum Jahr 2030 für Windkraft, Solar und Wasserstoff in Europa helfen, die auch zur Klimabewältigung beitragen würden. Ebenso die Lockerung der Beihilferegeln und eine Vereinfachung der Entscheidungsprozesse.
Alternativ zu den Europäern verfolge die USA mit ihrem Inflation Reduction Act (IRA) eine andere wirtschaftspolitische Strategie. So würden dort Elektroautos finanziell nur unterstützt, wenn die Endmontage in den USA und der Umgang mit Rohstoffen zum Batteriebau nach den Prinzipien der Welthandelsorganisation stattfänden. Damit wolle die US-Regierung Unternehmen am Standort USA halten und gleichzeitig bestimmte Klimaziele erreichen.
Das Prinzip der Solidarität leben
3,5 Millionen Menschen wechseln jeden Tag die Binnengrenzen in der Europäischen Union ohne das Vorzeigen eines Passes oder eines Visums. Dies sei nur möglich, da seit 38 Jahren das Schengen-Abkommen für offene Grenzen in Europa gelte. Die schmerzliche Erfahrung, dass offene Grenzen in Europa geschlossen wurden, konnten die Menschen in der Corona-Zeit erleben. „Egoismus ist nicht die Haltung, die wir Europäer haben. Wir verfolgen in Europa das Prinzip der Solidarität“, so Thomas Mann vor den Schülerinnen und Schülern der weiterführenden Schule. Bestimmte Eigenarten und Kompetenzen der einzelnen Staaten müssten allerdings erhalten bleiben, denn auf zentraler Ebene könne man nicht sehen, was in den einzelnen Ländern im Detail geschehe.
Thomas Mann hoffe auf eine gemeinsame europäische Asylpolitik und auf eine Kooperation mit den Herkunftsstaaten. Er erkenne, dass die Kommunen in Deutschland an ihre Kapazitätsgrenzen kämen und die Bürgermeister und Landräte nicht mehr wüssten, wie sie die Flüchtlinge unterbringen sollen. Er fordere, dass die Regierung mehr Gelder zur Verfügung stelle. Daneben gelte es eine Flüchtlingspolitik zu gestalten, die den Extremisten nicht in die Hände spiele. Die Argumentation, Flüchtlinge abzuschieben, sehe Thomas Mann skeptisch. Schließlich gelte es zwischen politischen und wirtschaftlichen Flüchtlingen zu unterscheiden. Zudem müsse das Genfer Flüchtlingsabkommen eingehalten werden. Besser sei es, den Ursachen der Fluchten zu begegnen. „Der Glaube, dass Flüchtlinge den Fachkräftemangel in Deutschland lösen können, sei ein Irrtum“, so Thomas Mann. Eine berufliche Ausbildung sei ein wesentliches Element und im Schnellverfahren Berufe anzuerkennen sei für ihn kein richtiger Weg.
In einer anschließenden Diskussionsrunde mit den Schülerinnen und Schüler wurden auch Themen außerhalb der Europäischen Union beantwortet und kritisch hinterfragt. Etwa, was die Politik dazu unternehmen könne, um die Wahlbeteiligung zu erhöhen. Die Kritik der Jugendlichen, dass das Wahlalter nicht auf 16 Jahren gesenkt werde, sehe Thomas Mann genauso. „Wie können wir Politiker es uns anmaßen, dass Jugendliche nicht in der Lage sind, Politik zu hinterfragen und zu bewerten?“, so Thomas man gegenüber den Schülerinnen und Schülern. Auch sie seien Teil einer Demokratie und von den Entscheidungen der Politik betroffen.
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