Zwischen Trockenheit und Fluten – Deutschland spürt den Klimawandel
- Posted by PPC-Limburg
- Categories Blog
- Date 16. November 2024
Zwischen Trockenheit und Fluten – Deutschland spürt den Klimawandel
Egal, ob Unwetter, Fluten oder Dürren: Extreme Wettererscheinungen werden häufiger und ihre Auswirkungen intensiver. Über die Entwicklungen des Klimawandels berichtete der Meteorologe Dr. Martin Gudd in einem Vortrag an der Peter-Paul-Cahensly-Schule Limburg.
Der Limburger Kaufmann und Sozialreformer Peter-Paul Cahensly ist der Namensgeber der in Limburg ansässigen weiterführenden Schule. Zum Gedenken an sein soziales und wirtschaftliches Wirken für die Stadt Limburg und die Region fand in diesem Jahr der 10. Cahensly-Tag statt. Zu diesem Anlass konnte der Diplom-Geograph und Leiter des „Institute For Professional Weather Education“ aus Bad Kreuznach, Dr. Martin Gudd, gewonnen werden. Der Extremwetterexperte ist bekannt aus Hit Radio FFH als Dr. Martin „Wetter“ Gudd und seit April dieses Jahres als Mitarbeiter im ARD-Wetterkompetenzzentrum des Hessischen Rundfunks.
Als mitarbeitende UNESCO-Schule verankert die Peter-Paul-Cahensly-Schule die Ziele und Werte der UNESCO sowohl in ihrem Schulprofil und Leitbild als auch im Schulalltag und der pädagogischen Arbeit. „Dazu gehört auch die Förderung der Bildung für nachhaltige Entwicklung“, so Schulleiter Detlef Winkler in seiner Eröffnungsansprache. Entsprechend gestaltete Dr. Martin Gudd einen Vortrag unter dem Thema „Alles Klima, oder was? Wetterphänomene in Zeiten der Klimaerwärmung“ vor Gästen aus Wirtschaft, Politik und Gesellschaft sowie Schülerinnen und Schülern der Jahrgangsstufe 12 des Beruflichen Gymnasiums.
Die Klimaerwärmung werde in Deutschland seit rund 30 Jahren für alle Menschen spürbarer, und 2024 werde die Durchschnittstemperatur wohl etwa 1,5 Grad über dem langfristigen Mittelwert liegen. Die Klimaziele des Pariser Abkommens von 2015 – maximal 1,5 Grad über dem Niveau des vorindustriellen Zeitalters – seien somit erreicht worden.
Zum ersten Mal habe es im November eine mangelnde Schneedecke auf der Zugspitze gegeben. Zudem zeuge in tieferen Lagen das Absterben der Nadelwälder in Deutschland von den negativen Auswirkungen der Temperaturzunahme. „Dürren und Waldbrände sind die weltweit am meisten unterschätzten Wetterereignisse“, so Dr. Gudd vor den Gästen in der voll besetzten Aula der Peter-Paul-Cahensly-Schule. Andererseits gäbe es starke Sturzfluten wie etwa im Ahrtal oder an der Oder in Polen. Ursachen seien hier unter anderem die langanhaltenden Regenfälle und die wärmeren Ozeane, die aufgrund erhöhter CO2-Emissionen mehr Wasserdampf speichern. Jüngstes Beispiel sei die Überschwemmungskatastrophe in Spanien.
„Die 45 Grad werden kommen.“
„Die Klimaerwärmung schreitet schon viel länger voran, als die meisten Menschen annehmen“, so Dr. Gudd. Ende der 1980er habe die Temperaturentwicklung mit milden Wintern erstmals einen Anstieg angezeigt. „Richtig kalte Jahre, wie sie unsere Eltern und Großeltern erlebten, kennen Jugendliche heute nicht mehr.“ In der Limburger Region sei die durchschnittliche Temperatur in diesem Zeitraum von etwa acht auf zehn Grad gestiegen. Warme Weihnachtstage und Silvesternächte würden immer häufiger. „Es ist nur noch eine Frage der Zeit, bis wir in Deutschland die 45 Grad im Sommer erreichen“, ist der Wetterexperte überzeugt.
Was die Temperaturveränderungen betreffe, verschieben sich laut Dr. Gudd die Jahreszeiten: „Die Vegetationsphase im Frühjahr beginnt deutlich früher und dauert länger an.“ Vor über 50 Jahren habe der Frühling Ende März bzw. Anfang April begonnen, heute starte er Mitte Februar. In diesem Jahr hätten die Meteorologen von 87 Sommertagen berichtet, also von Tagen mit einer Temperatur von mindestens 25 Grad. Vor rund 60 Jahren habe es durchschnittlich nur acht Sommertage gegeben.
Wetterextreme werden stärker
In seinem Vortrag stellte Dr. Gudd dar, dass die Temperaturveränderungen in der Antarktis noch drastischer seien. Hier seien die Temperaturen von üblichen minus 32 Grad auf null bis minus zehn Grad gestiegen, und am Nordpol sei die Temperatur diesen Sommer sogar auf plus zwei Grad angewachsen. Auch in Europa seien die Wetterveränderungen deutlich spürbar. Wetterwechsel kämen traditionell vom Atlantik; das arktische Tief und das Azorenhoch sorgten für starke Westwinde, erläuterte der ARD-Wetterexperte. Heute erkenne man jedoch eine bedeutende Verlagerung der Tiefdruckgebiete nach Norden. „Das klassische Azorenhoch gibt es so nicht mehr.“ Die Hochdruckgebiete seien inzwischen ins Mittelmeer verlagert.
„Die Zunahme extremer Nässe und Trockenheit steht keineswegs im Widerspruch“, erklärte Dr. Gudd. „Auffällig ist nur, dass diese Extreme deutlicher werden.“ Hitze, Dürren und Fluten träten häufiger und spürbarer auf. Der Klimawandel verlaufe nicht linear, sondern stufenweise, mit weiteren Kipppunkten zu höheren Temperaturen in naher Zukunft.