
Von Memes bis Troll-Armee: Wie die „Neue Rechte“ junge Menschen erreicht
- Posted by PPC-Limburg
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- Date 19. Februar 2025
Von Memes bis Troll-Armee: Wie die „Neue Rechte“ junge Menschen erreicht
Lea Plavcic, Mitarbeiterin des Kompetenzzentrums Rechtsextremismus beim Landesamt für Verfassungsschutz Hessen, informierte die Schülerinnen und Schüler der Peter-Paul-Cahensly-Schule Limburg über die Strategien der "Neuen Rechten" im Internet. Die Veranstaltung beleuchtete, wie Rechtsextremismus die freiheitliche Demokratie über soziale Medien angreift.
Ein lustiges Bild? Schnell teilen Jugendliche solche „Memes“ in sozialen Netzwerken und verbreiten sie weiter. Doch bei genauerem Hinsehen wird deutlich: Das vermeintlich harmlose Bild transportiert eine rechtsradikale Botschaft. Genau das sei eine Strategie der „Neuen Rechten“, erklärte Lea Plavcic in der voll besetzten Aula der Peter-Paul-Cahensly-Schule, wo zehn Klassen aus den Berufsfachschulen und des Beruflichen Gymnasiums teilnahmen.
Die Expertin für Rechtsextremismusprävention stellte im Rahmen ihres lebendigen Vortrags „Rechtsextremismus in der digitalen Welt – wie Rechtsextremisten unsere Demokratie über soziale Medien angreifen“ verschiedene Wege vor, auf denen extremistische Akteure in die Mehrheitsgesellschaft eindringen wollen. Ihr Ziel: Vor allem junge Menschen über soziale Medien zu erreichen.
Während sich traditionelle Rechtsextreme oft am „Dritten Reich“ orientieren und unter sich bleiben, versuchen die meist akademisch gebildeten „Neuen Rechten“, ihr Gedankengut gesellschaftsfähig zu machen und zu normalisieren. Sie wollen die Grenzen zum Extremismus aufweichen und nutzen dafür neue Ausdrucksformen sowie Manipulationstechniken. Sie verfügen über einen umfangreichen Instrumentenkasten und ausgefeilte Marketingstrategien. Die „Neue Rechte“ vereint verschiedene Strömungen. Als Beispiel nannte Plavcic die völkischen KI-Memes von „Wilhelm Kachel“, einem der wichtigsten Content Creators dieser Szene. Diese Bilder erinnern an Propagandaplakate der 1930er Jahre: muskulöse Männer, zarte blonde Frauen, harmonische Familienidylle.
TikTok als Plattform
„Rechtsextremistische Inhalte befinden sich nicht in dunklen Ecken des Internets, sondern werden häufig vom Algorithmus automatisch ausgespielt“, so Plavcic. Die Rechtsextremisten würden einen direkten Kontakt zu den Nutzern der sozialen Netzwerke aufbauen. Hinweise auf rechtsextremistisches Gedankengut als Schutzmauer gebe es nicht. Rechtsextremistische Narrative würden sich so schleichend im politischen Diskurs normalisieren. Schon die Nationalsozialisten hätten moderne Medien wie Film, Radio und Zeitungen genutzt, um ihre Propaganda zu verbreiten – heute setze die „Neue Rechte“ auf die digitale Welt. „Sie hat sich bei Instagram, Facebook, X und TikTok ein Ökosystem aufgebaut“, erklärte die Expertin. Zudem würden alternative Plattformen wie Telegram genutzt. Die „Neue Rechte“ setze Troll-Armeen ein, die Posts verbreiten oder mit Likes verstärken. Hassrede werde zu einem Spiel.
Das Ziel sei, maximale Aufmerksamkeit zu generieren und in Suchergebnissen weit oben zu erscheinen, so Plavcic. Dadurch entstehe der Eindruck, dass eine große Gruppe die extremistischen Ansichten teile. Diese „digitale Ingroup“ mit ihrer „alternativen Realität“ decke sich jedoch oft nicht mit der realen Gesellschaft – viele Internetnutzer unterschieden jedoch nicht zwischen diesen Ebenen.
Hemmschwelle sinkt
Die Hoffnung der Rechten sei, dass ihre Positionen aus dem Netz in die politische Debatte überschwappen. Dafür sei es entscheidend, die eigene Reichweite zu maximieren und die Verbreitung anderer Positionen einzuschränken.
Im „Informationskrieg“ der Rechten werden „Memes“ gezielt als Waffe eingesetzt, berichte Lea Plavcic. Bilder seien oft wirkungsvoller als Texte und würden daher häufig geteilt. Unpolitische „Memes“ würden umgedeutet, um gezielt eine Zielgruppe anzusprechen. Über eine vermeintlich harmlose Hülle sickere die rechte Botschaft in die Köpfe. Ziel sei es, die Hemmschwelle für die Weiterverbreitung zu senken und die Grenzen des Sagbaren in der Gesellschaft zu verschieben. „Der Einfluss kann kaum unterschätzt werden“, so Plavcic.
Die populärste Plattform sei TikTok, das dem chinesischen Konzern Bytedance gehört und allein in Deutschland etwa 2,9 Millionen Nutzer hat. Sie werde kaum moderiert, und das Löschen von Inhalten erfolge oft nur zögerlich, sagte Plavcic. Das erleichtere es Rechtsextremisten, die Plattform zu vereinnahmen und „provokante sowie skandalöse Inhalte“ zu verbreiten. Wenn solche Inhalte starke Reaktionen hervorrufen, verstärkt der Algorithmus ihre Reichweite. Rechtsextreme nutzen zudem den „rechten Lifestyle“ zur Vermarktung: Sie verbreiten Mode, Musikgenres wie Rock, Rap oder Techno mit rechten Texten oder setzen auf reichweitenstarke Influencerinnen – „sie wirken wie Türöffner in die rechtsextreme Welt“.
Die Veranstaltung wurde organisiert von der Katholischen Erwachsenenbildung Limburg/Wetzlar/Lahn-Dill-Eder, dem Evangelischen Dekanat an der Lahn, dem DGB Limburg-Weilburg und dem Limburger Bündnis für Demokratie. In der Peter-Paul-Cahensly-Schule ist der Vortrag eingebunden in das Konzept „Schule ohne Rassismus – Schule mit Courage“ vom Netzwerk Courage-Schulen. Die Schulgemeinde setzt sich damit aktiv gegen jede Form von Diskriminierung aufgrund von Herkunft, Glauben, Hautfarbe oder sexueller Orientierung ein.
Kontaktdaten:
Peter-Paul-Cahensly-Schule
Zeppelinstr. 39
65549 Limburg
Telefon 06431 9479-0
Telefax 06431 9479-42
Homepage www.ppc-schule.com
E-Mail sekretariat@ppc-schule.de
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